CCS-Gesetz / CO2 Endlagerung
In seinem Vortrag stellte der unabhängige Fachmann aus Niedersachsen die wissenschaftliche Seite vor. Wie sieht es beispielsweise mit der Energie-Effizienz bei Kohlestrom aus? Ein großer Teil der gewonnenen elektrischen Energie geht bereits im Vorfeld verloren, machte Krupp deutlich – 9 Prozent beim Braunkohlebergbau, 30 Prozent bei Abscheidung und Verdichtung von Kohlendioxid und beim Pipeline-Transport noch einmal etwa 19 Prozent.
Ein Problem bei der CCS-Technik sei der Mehrbedarf an Kohle. Mehr Kohle aber führe zu einem höheren Kühlwasser-Bedarf für die Kraftwerke, größeren Kohle-Tagebauen und Kippen, größeren Schäden durch Grundwasserabsenkungen, Versauerung sowie immer mehr Kraftwerk-Abfällen.
Ein besonderes Augenmerk richtete Dr. Ralf Krupp auf die Transportwege. Denn die Kraftwerke stehen im Süden Deutschlands, doch gespeichert werden kann CO2 nur in salinen Aquiferen (salzwasserführenden Gesteinsformationen) und die gibt es im Norden. „Mit viel Energie-Aufwand sind alle 200 bis 300 Meter Verdichter-Stationen notwendig.“ Ihre Aufgabe: den entsprechenden Druck aufbauen. „Je mehr Pipelines aber benötigt werden und je länger die Strecke ist, um so unsinniger ist das Projekt.“
Und wie reagiert CO2 im Untergrund? Es dehnt sich aus, so dass sich Risse im unterirdischen Speicher bilden können, fuhr der Experte fort. „Das Wasser muss ja irgendwo hin – und das kann nur nach oben sein.“ Und nach oben bedeutet: zum Meeresboden oder in die Grundwasser führenden Schichten – letztere würden dann versalzen. Ein Liter gesättigte Salzlösung kann durch Überschreitung des Chlorid-Grenzwertes 1000 Liter Süßwasser unbrauchbar machen, informierte Krupp und mahnte: „Wir gefährden die Wasserversorgung in Deutschland.“
Er präsentierte Aufnahmen von Leckagen und Berichte von CO2-Bohrungen in Thüringen und skizzierte die Folgen von unkontrollierten CO2-Austritten 1982 in den Vereinigten Staaten beim Sheep Mountain in Colorado und im Juli 1953 im Menzengraben (Felda-Tal). „Wenn so etwas in einem besiedelten Gebiet passiert, ist eine Evakuierung fällig.“ Ansonsten drohe Menschen der Erstickungstod, denn: „Giftiges, sauerstofffreies Wasser dringt nach oben und zerstört jegliches Leben.“
Derzeit gibt es in Deutschland Speicherkapazitäten für etwa zehn Milliarden Tonnen Kohlendioxid – ein Drittel davon in der Nordsee. „Ohne CCS reichen die Speicherkapazitäten, wenn sie zu 100 Prozent genutzt werden, 33,8 Jahre. Mit CCS – durch die erhöhte Kohleproduktion – gerade einmal noch 15,4 Jahre“, berichtete Dr. Ralf Krupp.
Beim Thema „Verpressung von CO2 im Meeresboden“ ging er zunächst auf die erforderlichen Schallwellen-Untersuchungen im Meer ein. Der Geräuschpegel, ausgesandt von Sonden, die von Schiffen gezogen werden, sei mit mehr als 200 Dezibel (dB) für Meeresbewohner gefährlich. Gleiches gelte für seismische Erkundungen durch Druckluft-Explosionen. Und später würde durch eine komplexe Infrastruktur mit vielen Leitungen der Meeresboden strapaziert.
Am Ende sprach er aus, was die Mehrheit an diesem Abend dachte: „Jeder halbwegs normale Mensch würde sagen: Damit ist das Thema durch.“ Ralf E. Krupp verschwieg nicht, dass es aber auch Kollegen gebe, die alles anders sehen.